In traditionellen Unternehmen zieht man oftmals nicht am gleichen Strang oder nicht in dieselbe Richtung. Warum? Gemäss einer aktuellen Studie von Hays hatten lediglich 37% der Befragten Transparenz über die Ausrichtung und übergeordneten Ziele ihres Unternehmens. Das deckt sich mit unserer Praxiserfahrung: Schon im Topmanagement treten bisweilen bemerkenswerte Unterschiede bei der Interpretation auf. Purpose, Strategie und Unternehmensziele verwässern auf den nachgelagerten Führungsebenen, bei den Mitarbeitenden kommen sie meist gar nicht an. Kein Wunder, dass es bei der Umsetzung hapert!
Wenn das gemeinsame «Wofür» fehlt, setzen sich die Menschen nur wenig bis gar nicht mit dem großen Ganzen auseinander. Eine häufige Folge sind Silobildung und-denken: Führungskräfte und Mitarbeitende fokussieren sich auf ihr unmittelbares Umfeld und denken und arbeiten so gut wie nicht über(Bereichs-)Grenzen hinweg. Die Lösung komplexer Kundenanforderungen wird dadurch nahezu unmöglich.
«Früher war alles besser – sogar die Zukunft!» Diese Aussage hört man immer wieder in traditionellen Unternehmen. Führungskräfte und Mitarbeitende zeigen dementsprechend wenig Neugier und Fortschrittsfreude. Die Zukunft bleibt oftmals links liegen, sie beschäftigen sich kaum mit wichtigen ökonomischen, technologischen, sozialen und ökologischen Entwicklungen. Dass dies nicht gerade förderlich für langfristige Lebensfähigkeit ist, liegt auf der Hand.
Noch dazu blicken sie bei der Suche nach Lösungen für aktuelle Herausforderungen gerne in den «Rückspiegel der vergangenen Erfahrungen». Erfolgsrezepte aus der Vergangenheit werden im Hier und Jetzt repliziert, ohne sich damit auseinanderzusetzen, ob bzw. wie lange diese noch den Markt- und Kundenanforderungen entsprechen.
Experimentieren und Ausprobieren werden als Zeitverschwendung betrachtet. Der kurzfristige Erfolg ist oftmals für traditionelle Unternehmen entscheidend, nahezu jede Investition in die Zukunft erscheint unnötig. Hauptsache, die Mitarbeitenden machen keine Fehler! Individuelle, kollektive und systemweite Weiterentwicklung bleiben dabei zwangsläufig auf der Strecke, vor allem da Menschen nur bedingt als lern-und entwicklungsfähig gelten.
Ob Unternehmen die richtigen Dinge richtig tun, entscheidet am Ende der Markt, genauer gesagt: die Kunden. Das ist keine neue Erkenntnis, schon Mitte der 1950er-Jahre formulierte Peter F. Drucker in seinem Buch The Practice of Management, dass es der Zweck eines Unternehmens sei, zufriedene Kunden zu schaffen.
Leider scheinen viele traditionelle Unternehmen nach wie vor zu glauben, sie wüssten besser, was die Kunden brauchen, als die Kunden selbst. Und so sind sie auch organisiert: Über Kunden und deren Bedürfnisse spricht man in Meetings kaum, Kunden-Feedback erreicht die Mitarbeitenden – wenn überhaupt – über die Führungskräfte. Interaktion mit den (potenziellen) Kunden? Fehlanzeige!
Wenn wir uns die Umwelt als unbekannten schwarzen Raum vorstellen und überlegen, wie wir diesen betreten, gibt es grundsätzlich drei Optionen: 1) Wir gehen erst gar nicht hinein, 2) wir planen jeden einzelnen Schritt im Vorfeld akribisch oder 3)wir gehen hinein und tasten uns Schritt für Schritt vor. Mit jeder Option sind gewisse Risiken verbunden, doch eines ist sicher: Traditionelle Unternehmen wählen entweder die erste oder zweite Option. Warum?
Sie beschäftigen sich lieber mit sich selbst anstatt mit der Umwelt, die sie tendenziell als Bedrohung betrachten. Sie haben Sorge, dass ihre lieb gewonnene Stabilität in Gefahr ist, und tun alles, um den Status quo zu verteidigen. Führungskräfte und Mitarbeitende haben dementsprechend eine geringe Risikoaffinität und zeigen wenig Entschlossenheit und Mut, die Dinge anzupacken. Sich bietende (Markt-)Chancen werden ausgeblendet oder erst gar nicht gesehen. Zudem herrscht bei ihnen nicht gerade eine Kultur der Kontroverse: Führungskräfte und Mitarbeitende streiten nicht um die beste Lösung für Leistungsabnehmer bzw. Kunden. So bleiben Fehler, andere Meinungen und wertvolle Impulse unausgesprochen.
Ein konstruktiver Umgang mit Fehlern und Irrtümern ist eine notwendige Voraussetzung für Lernen, Weiterentwicklung und schlussendlich für die Anpassungsfähigkeit sowie den unternehmerischen Erfolg. Mit anderen Worten: Unternehmenskultur macht den entscheidenden Unterschied! Teil 3 unserer Artikelserie beschreibt daher ausgewählte Massnahmen, mit denen insbesondere traditionelle Unternehmen ihre Kulturentwicklung anstossen können.